Verfassungsmäßigkeit der Erbschafts- und Schenkungssteuer – Was ist zu tun?

Mit einer stark beachteten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht am 17. Dezember 2014 zur Verfassungsmäßigkeit der Erbschafts- und Schenkungssteuer Stellung genommen.

Das höchste Gericht wertet die erheblichen Steuerprivilegien für Firmenerben in Teilbereichen als einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Aber, es hätte schlimmer kommen können:

Nicht das gesamte Erbschaftssteuerrecht ist verfassungswidrig.  Konkret stoßen sich die Verfassungsrichter an den Paragraphen 13a und 13b jeweils in Verbindung mit Paragraph 19 des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes (Tarifnorm), durch die steuerliches Betriebsvermögen bisher zumindest zu 85 Prozent von der Erbschaftssteuer verschont blieb. Voraussetzung hierfür ist, dass der Betrieb fünf Jahre lang fortgeführt wird und die gesamte Lohnsumme des Betriebs sich in diesem Zeitraum nicht wesentlich vermindert. Die Verschonung erfolgt sogar zu 100 Prozent, wenn das Unternehmen für sieben Jahre fortbesteht und die Lohnsumme in diesen sieben Jahren weitgehend stabil bleibt. Der Erbe muss in diesem Fall somit gar keine Erbschaftssteuer zahlen. Die Lohnklausel müssen zudem nur Unternehmen erfüllen, die mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen. Für die Verschonung als einzige Voraussetzung bleibt also, dass das Unternehmen fünf bzw. sieben Jahre fortgeführt wird.

Diese Sonderregelungen für betriebliches Vermögen, die eine vollständige oder weitgehende Verschonung bei der Übertragung von Unternehmen oder Anteilen an Unternehmen in die nächste Generation ermöglichen, sind nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig. Zwar wird die Privilegierung des Unternehmensvermögens durch Verschonung als im Prinzip mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen, sie bedarf  aber der Korrektur.

Dass die bisherigen Vorschriften zunächst weiter angewendet werden dürfen, wenn es sich nicht um exzessive Gestaltungen handelt, ist allerdings gut, wobei offen bleibt, was exzessiv in diesem Sinne bedeutet. Das Verfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgetragen bis spätestens 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen.

Was bedeutet dies für Unternehmer, die beabsichtigen, in ihrem Unternehmen den Generationswechsel einzuleiten, und dies nicht bereits kurz vor Toresschluss, das heißt vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts, umsetzen konnten? An Übertragungen interessierte Unternehmer fragen sich, ob man nun bis zur Gesetzesänderung warten muss.

Es ist davon auszugehen, dass die Änderungen bei den Begünstigungsregeln voraussichtlich nicht erst im Juni 2016, sondern schon recht kurzfristig verabschiedet werden. Experten erwarten noch im Jahr 2015 eine Gesetzesänderung, was so zu erklären ist, da natürlich in den Ministerien für den Fall dieses Urteilsspruchs bereits Vorbereitungen getroffen wurden. Die Finanzverwaltung ist an einer schnellen Neureglung interessiert, um die bisher günstigen Möglichkeiten möglichst bald zu schließen. Die neuen Regelungen werden also im Vergleich zu den bisherigen, für Übertragungen ungünstiger sein. So wird die Sonderreglung für Kleinunternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern – eine Verschonung von der Steuer auch ohne die Fortführung der Arbeitsplätze zu bekommen – sicherlich weitgehend entfallen. Auch ist fraglich, ob eine vollständige Verschonung sich in den neuen Regelungen so wiederfinden wird.

Übertragungswillige Unternehmer sollten deshalb keinesfalls verunsichert auf Übertragungen bis zum Sommer 2016 verzichten. Im Gegenteil: Es empfiehlt sich, Übertragungen – wie bisher geplant – vorzunehmen und diese Vereinbarungen durch (steuerliche) Widerrufsklauseln in den notariellen Vereinbarungen so abzusichern, dass die Schenkungen widerrufen und im Ergebnis auf neues Schenkungssteuerrecht abgestellt werden oder die Schenkungen gänzlich revidiert werden könnten.

Es stehen Ihnen also noch alle Optionen offen, Sie sollten sich beraten jedoch lassen.

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